(Achim Scholz, 26.06.2019)
Zur 1. Niedersächsischen Lerner-Tagung unter dem Motto „LernerExperten machen mobil“ begrüßte Ernst Lorenzen von der ABC-Selbsthilfegruppe Oldenburg am 15. Juni 16 Lernbotschafterinnen und
Lernbotschafter sowie einige Lernbegleiter und Vertreter des
Ministeriums für Wissenschaft und Kultur (MWK), der Agentur für
Erwachsenen- und Weiterbildung (AEWB) und des Bundesverbandes
Alphabetisierung und Grundbildung e.V. (BVAG e.V.) in der VHS
Oldenburg.
Der Geschäftsführende Vorstand Andreas Gögel versprach den 24
Tagungsteilnehmenden, sich gemeinsam mit den Akteuren für eine
dauerhafte finanzielle Absicherung der Regionalen Grundbildungszentren
(RGZ) einzusetzen: „Die Unterstützung von Selbsthilfegruppen von der
Gründung bis zum eigenständigen Bestehen ist eine der Aufgaben der
RGZ in Niedersachsen.“ Da Herr Gögel nicht selbst anwesend sein
konnte, verlas Achim Scholz das Grußwort.
Dana Gröper, Referentin für Erwachsenenbildung aus dem MWK,
überbrachte in ihrem Grußwort die allerbesten Wünsche des
niedersächsischen Ministers Björn Thümler. Sie beschrieb die
bisherigen Bemühungen des MWK im Bereich Grundbildung und zitierte
die zweite LEO-Studie „Leben mit geringer Literalität“, wonach nur 0,7 %
der Betroffenen Kursangebote der Alphabetisierung und Grundbildung
nachfragen. „Das zeigt, dass wir mit unseren Bemühungen nicht
nachlassen dürfen und uns noch mehr Mühe geben müssen, diese
Personen für die vorhandenen Angebote zu erreichen. Ich möchte heute
von Ihren Erfahrungen lernen und hoffe, dass wir noch besser verstehen
können, wie wir mehr Lerner erreichen und welche Unterstützungen Sie
benötigen.“
Tim Henning vom BVAG e.V. sagte in seinem Grußwort: „Lernbotschafter
geben abstrakten Zahlen und wissenschaftlichen Abhandlungen
ein Gesicht und eine Stimme und sie zeigen der Politik, der Öffentlichkeit
und somit uns allen, dass es sich um ein flächendeckendes Problem
handelt, hinter dem sich viele Millionen Gesichter und Schicksale
verbergen.“
Das von Ernst Lorenzen und Achim Scholz moderierte Programm
begann mit dem Austausch gelungener Beispiele bisheriger
Öffentlichkeitsarbeit der drei Selbsthilfegruppen aus Hannover, Lüneburg
und Oldenburg. Bei den vorgestellten Aktionen (Selbsthilfetag,
Präsentation Öffentlichkeitsarbeit Weltalphatag, Lebendige Bibliothek,
Ausstellung, ALFA-Mobil, Schulungen) sei man mit vielen
Menschen ins Gespräch gekommen und durch die verschiedenen
Fernsehdokumentationen habe man zahlreiche Zuschauer erreichen
können. Beispielsweise haben 2,6 Millionen die Geschichte von Jutta
Schmitt aus Lüneburg im ZDF (37 Grad) gesehen und danach gab es
20.000 Klicks auf Facebook.
Lerner-Experte Sascha merkte an, dass man nicht immer den
Vorstellungen von Medienvertretern folgen solle, sondern als Betroffener
immer bei sich selbst bleiben müsse. Fabian als jüngster Lernbotschafter
sprach sehr emotional zum Thema Würde und äußerte den Wunsch, „so
anerkannt zu werden wie ich bin.“ Beeindruckend war, wie frei und offen
jeder gesprochen hat und mit welcher Aufmerksamkeit die Reden
verfolgt wurden. Klaus aus Oldenburg merkte an: „Es war ein guter
Austausch wie in einer großen Familie. Und auch die Selbsthilfegruppen
sind ein gutes Zuhause, wo man Kraft und Mut tanken kann.“
Diskussion an Tischgruppen
Anschließend wurden an vier großen Tischgruppen folgende Fragen
diskutiert:
- Wie können wir neue Lerner für Lese- und Schreibkurse gewinnen?
- Wie können wir Multiplikatoren und Medien-Vertreter erreichen?
- Wie können wir Politiker von unseren Forderungen überzeugen?
Die lange Pause nach dem Mittagessen wurde unterschiedlich genutzt.
Eine Gruppe machte einen Spaziergang zur Kongresshalle, zur EWEArena und zur Hafenpromenade. Eine andere Gruppe schlenderte durch
den Schlossgarten und bestaunte die Wagenparade des Christopher
Street Day.
Eine dritte Gruppe tauschte sich in der VHS über Lernen im
Erwachsenenalter und andere Themen aus.
An der Hafenpromenade
Im Schlossgarten
Nach der Pause wurden die Antworten zu den diskutierten Fragen
ausgetauscht und zusammen getragen. In einer weiteren
Diskussionsrunde zum Thema Zusammenarbeit der Lerner-Experten
ging es um folgende Fragen:
- Welche Möglichkeiten einer Zusammenarbeit sind denkbar?
- Welche Unterstützung benötigen die Akteure dafür?
- Wie kann man mit Lerner-Experten aus anderen Bundesländern
zusammen arbeiten?
Tagungsraum
Still-Leben
Zum Abschluss der 1. Lerner-Tagung wurden dann noch Wünsche und
Forderungen an Verbände und Politiker diskutiert. In einem Oldenburger
Manifest forderten die anwesenden Lerner-Botschafter
- eine Wahrnehmung auf Augenhöhe sowie Respekt und
Anerkennung für die bisher geleistete Arbeit. - einen einfachen Zugang zu Grundbildungsangeboten.
- eine bessere Ausstattung mit digitalen Medien und
erwachsenengerechter Lernsoftware. - Lerner-Experten mehr Gehör und Mitsprache beim Thema
Grundbildung zu geben. - kostenfreie Grundbildungskurse.
- eine bessere Bezahlung der Lehrkräfte.
- finanzielle Unterstützung von Selbsthilfegruppen in der
Grundbildung. - die Einführung einfacher Schriftsprache im öffentlichen Bereich.
Lernbotschafter Sascha bilanzierte: „Wir haben noch nie so viele gute
Diskussionen und so schnell Ergebnisse geschafft.“ In seinen
Abschlussworten hob Ernst Lorenzen hervor, dass alle sehr eifrig im
Gespräch waren und viel Austausch stattgefunden hat: „Es war eine
gelungene Tagung. Wir haben viele Themen besprochen und können mit
einem guten Gefühl nach Hause fahren. In Zukunft werden wir noch viel
davon umsetzen.“
Nach Geschenk-Übergabe
Von li.: Ernst Lorenzen, Gabriela Thiem, Achim Scholz